Bewusst entscheiden – gezielt handeln

Offener Umgang mit der Nachlassplanung kann Konflikte vorbeugen

Der Tod eines Angehörigen ist stets ein schmerzvolles Ereignis. Neben der Trauer müssen auch zahlreiche administrative Formalitäten erfüllt und schnelle Entscheidungen getroffen werden. Dazu gehören auch Erbfragen, die geklärt werden müssen, und in solch schwierigen Situation zu Konflikten führen und sogar Familien spalten können. Wenn man seinen Nachlass jedoch sorgfältig plant und mit den Erben rechtzeitig offen spricht, lassen sich solche Streitigkeiten möglicherweise vermeiden.

Der Gedanke an den eigenen Tod und die Nachlassplanung sind ein Themenkomplex, mit dem wir uns nicht gerne befassen. Allerdings gibt es gute Gründe dafür, es doch zu tun. Der Tod ist für die Familienmitglieder und Verwandten ein höchst emotionales Ereignis, sodass es ihnen unter Umständen schwer fällt, Entscheidungen zu treffen oder an das „Danach“ zu denken. Wenn man aber seinen Nachlass im Voraus plant, entlastet man seine Angehörigen ein wenig und macht ihnen das Loslassen etwas leichter. Neben dem rein praktischen Nutzen lässt sich bei dieser Gelegenheit auch prüfen, welche Möglichkeiten zur Verringerung der Steuerlast der Erben bestehen und vor allem natürlich wird auf diesem Wege möglichen Konflikten zwischen den Erben vorgebeugt.

Erster Schritt einer guten Vorbereitung ist es, sich ein genaues Bild über das eigene Vermögen zu machen.

 

Sachlage kennen und erkennen

Erster Schritt einer guten Vorbereitung ist es, sich ein genaues Bild über das eigene Vermögen zu machen. Um sich einen Überblick zu verschaffen und Entscheidungen in Kenntnis der Sachlage zu treffen, ist es mehr als empfehlenswert, einen entsprechenden Experten hinzuzuziehen. Ein Vermögensverwalter oder Bankberater kann dabei helfen, eine umfassende Aufstellung der eigenen Vermögenswerte zu erstellen, um deren Übertragung vorzubereiten und vor allem sicherzustellen, dass das Vermögen nicht verloren geht. Die Bewertung der Vermögenswerte ist je nach Art des betreffenden Gegenstands sehr unterschiedlich. Immobilien können beispielsweise durch den Vergleich mit den Marktpreisen bewertet werden. Der Wert laufender Lebensversicherungsverträge ist auf den jährlichen Auszügen ausgewiesen. Wertpapiere richten sich nach den aktuellen Börsenkursen. Der SICAV-Wert entspricht dem letzten bekannten Rücknahmewert. Dies, um nur einige konkrete Bewertungsbeispiele zu nennen.

Anhand der ermittelten Ausgangssituation und unter Berücksichtigung der aktuellen und kommenden Einkünfte und Ausgaben können Vermögensexperten ganz neutral die verschiedenen Alternativen analysieren, mit deren Hilfe sich Projekte verwirklichen oder Bedürfnisse erfüllen lassen. Die vorgeschlagenen Lösungen können verschiedenste Komplexitätsgrade aufweisen und unterschiedlichste Formen annehmen (Lösungen bürgerlichen Rechts, Gesellschaftsstrukturen, Vermögensinstrumente, Auslagerung usw.).

Wer vermeiden will, dass Erben unter sich klären müssen, wer nun eine bestimmte Wertsache bekommen soll, muss im Vorfeld für Klarheit sorgen.

 

Weiß man, was man vererben möchte, geht es darum, zu definieren, wem man etwas vererben möchte. Dabei gibt es genaue Regeln, die für die gesetzlichen Erben und den ihnen zustehenden Erbteil gelten. Die Entscheidung, wem man innerhalb des gesetzlichen Rahmens einen Vermögenswert oder ein Erinnerungsstück vererben möchte, liegt jedoch ganz bei einem selbst. Wer also vermeiden will, dass Erben unter sich klären müssen, wer nun eine bestimmte Wertsache bekommen soll, muss im Vorfeld für Klarheit sorgen. Unüberlegte Versprechen sollte man vermeiden: Damit sind nämlich Enttäuschungen, Neid und Zwietracht zwischen potenziellen Erben nahezu vorprogrammiert.

 

Angehörige früh einbeziehen

Eine Möglichkeit besteht darin, den eigenen Verwandten frühzeitig in einer Absichtserklärung mitzuteilen, was im eigenen Testament stehen soll, und zu erläutern, warum man seinen eigenen Besitz genau so und nicht anders aufzuteilen gedenkt. Das ist kein rechtsverbindliches Dokument, kann aber Berücksichtigung finden, wenn enterbte Nachkommen eine Erbschaftsklage anstrengen sollten. Wenn klar ist, warum Entscheidungen getroffen worden sind, könnte jeder danach geltend gemachte Anspruch weniger Gewicht haben.

 

Ein Ansatz, der Streitigkeiten in erheblichem Maße vorbeugen kann, besteht darin, den Inhalt des eigenen Testaments vor dem Tod zu besprechen. Eventuelle Beschwerden und Einwände können dabei frühzeitig vorgebracht und Anfechtungen des letzten Willens, die häufig zu einem teuren Rechtsstreit führen, abgewehrt werden. Im Allgemeinen sind Probleme vorprogrammiert, wenn Kinder unterschiedlich viel erben sollen. Gleichgültig, warum die Aufteilung des Nachlasses so festgelegt wurde, die eigenen Kinder werden dies sehr wahrscheinlich als einen Ausdruck der Zuneigung (oder nicht) des Erblassers deuten. Ungewollte Probleme können auch entstehen, wenn man den Kindern jeweils unterschiedliche Arten von Vermögenswerten hinterlässt – zum Beispiel Immobilien statt Aktien – und die einen Vermögenswerte im Wert deutlich steigen, die anderen indes nicht.

Frühzeitig mit den Kindern über diese Angelegenheiten zu sprechen hat den Vorteil, dass man gleichzeitig auch den Umgang mit einer Erbschaft besprechen kann. Hohe Geldbeträgen verwalten zu müssen, kann für jemanden, der darauf nicht vorbereitet oder dazu nicht imstande ist, echt gefährlich und belastend sein. Die Probleme von „Treuhandfonds“-Kindern sind gut dokumentiert, und das Phänomen ist auch dann zu beobachten, wenn Vermögen in einer späteren Phase des Lebens vererbt wird.

 

Das Gespräch suchen

Niemand spricht gerne über den eigenen Tod. Doch das Gespräch mit den Angehörigen über testamentarische Bestimmungen ist durchaus ratsam. Dabei ist eins klar: Es geht um den letzten Willen eines Menschen und nicht um eine Geschäftsverhandlung. Da jede Familie ihre eigenen Traditionen und Rituale hat, gibt es für den erfolgreichen Ablauf solcher Gespräche kein Patentrezept. Verschiedene Regeln können allerdings dazu beitragen die Diskussionen zu vereinfachen. Besonders wichtig ist es, sich mit den richtigen Personen zu treffen und auf die Wortwahl aufzupassen. Sind Kinder anwesend, sollten man dies berücksichtigen. Für Kinder sind Trauer und Tod sehr abstrakte Konzepte. Deshalb ist es ratsam, genau abzuwägen, wie realitätsnah man den eigenen Diskurs gestalten möchte. Da das Thema wichtig ist, sollte man Kindern die Situation zweifelsohne erklären. Es ist allerdings ratsam, dabei nicht auf Detailfragen einzugehen, da sie sie eh nicht verstehen würden.

Die Erbschaft beschränkt sich nicht auf materielle Werte.

Die Erbschaft beschränkt sich nicht auf materielle Werte. Wenn wir an den eigenen Tod denken, wird uns häufig bewusst, dass unsere größten Reichtümer nicht ausschließlich finanzieller Natur sind. Bei dem Gespräch mit Ihren Angehörigen, sollten so auch Aspekte bezüglich des geistigen Erbes (bezogen auf Werte, Prioritäten, Überzeugungen und Hoffnungen) thematisiert werden.

Wie bereits erwähnt, ist ein Gespräch über die Nachlassregelung keine Verhandlungsrunde. So schwierig dieser Moment auch sein mag, er ist für einen reibungslosen Ablauf der künftigen Ereignisse von entscheidender Bedeutung. Einer der Gründe für die Nachlassplanung und ein Gespräch mit den Erben ist, dass man Entscheidungen erklären kann. Natürlich sollten Angehörige ihre Meinung äußern dürfen, der letzte Wille des Betroffenen ist allerdings zu respektieren. Man sollte sich aber gewissermaßen in die Erben hineinversetzen und Verständnis zeigen.

So schwierig es auch sein mag, ein Gespräch über den Nachlass stellt für alle Beteiligten häufig auch eine gesunde und heilsame Sache dar. Sicher lassen sich mit einem Gespräch nicht alle Empfindsamkeiten und versteckten Ressentiments aus der Welt schaffen. Jedoch bietet es den großen Vorteil, dass alle Fragen offen auf den Tisch gelegt werden können, und so Unausgesprochenes und Konflikte nicht erst vor sich hin schwelen und gar zur Spaltung der Familie führen.


Neutrale Hilfe

Finanzberater und Notar können zudem dabei helfen, die nötigen Vorbereitungen für das Gespräch mit Angehörigen zu treffen. Die Nachlassverwaltung gestaltet sich unter Umständen wesentlich einfacher, wenn man sich auf einen oder mehrere der Familie bekannte Experten stützen kann. Gemeinsam mit ihnen können Sie Ihren Nachkommen die genauen Beweggründe erklären. Die Einbeziehung von Experten bietet zudem den Vorteil, dass diese Ihre Situation unvoreingenommenen beurteilen und daher bei der Familie in der Regel auf Gehör und Verständnis stoßen.

Neutrale Expertise hilft allgemein auch aus juristischer Warte.

 

Neutrale Expertise hilft allgemein auch aus juristischer Warte. Wer zum Beispiel in mehreren Rechtsgebieten (verschiedenen Ländern) über Vermögen verfügt, muss die Erbschaftssteuervorschriften jedes einzelnen Gebietes beachten. Denn dies kann Einfluss auf die Entscheidung haben, wer was erhält. Besonders wichtig ist dies in Ländern, in denen Pflichtteilregelungen gelten, die die Rechte von Kindern schützen, wie zum Beispiel Luxemburg und Frankreich. Ehegatten sind durch diese Vorschriften jedoch nicht geschützt und können ausgeschlossen werden. Aufgepasst: Sie müssen das Pflichtteilsrecht auch bei Schenkungen berücksichtigen.

Ein interessantes Analysedokument zum Thema Erbschaftssteuer hat die OECD 2021 veröffentlicht: Gegenwärtig erheben 24 OECD-Länder Erbschafts- oder Nachlasssteuern. Die Einnahmen daraus sind in der Regel jedoch sehr gering. Heute machen Erbschafts-, Nachlass- und Schenkungssteuern im Durchschnitt der Länder lediglich 0,5 Prozent des gesamten Steueraufkommens aus. Die geringen Einnahmen aus diesen Steuern gehen der Studie zufolge vor allem auf die großzügigen Steuerbefreiungen und andere Erleichterungen zurück. So viel zum Thema Steuern. Was bleibt ist die Erkenntnis, dass eine solide Nachlassplanung nötiges Wissen und konsequentes Handeln voraussetzt.

Zusätzliche interessante Informationen über die Verwaltung Ihrer Finanzen oder die Verwirklichung Ihrer Projekte finden Sie unter www.my-life.lu. Zögern Sie auch nicht, Ihren Kundenberater der BIL direkt zu kontaktieren.

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